Mein Leben in Boracay

“Vodka Vic”, “Hitler Herbert”, “Monkey Mike”, “Schinken Manni”, “Baustellen Christioph”, wir hatten schon tolle Spitznamen und man kann sich vorstellen warum sich diese sich etablierten. Die Pinoys nannten mich immer haufiger “Kamikaze Chris” wegen all der Motorradunfaelle, die Deutschen dort wohl “Jaegermeister Chris” da ich der Einzige auf der Insel war, der das Zeug mehr und mehr konsumierte. Selbst einen “Selbstmord Uwe” hatten wir, ein unangenehmer Zeitgenosse der mir spaeter noch viel zu schaden versuchen sollte.

Die einen hatten es geschafft, sich eine sehr solide Existenz aufgebaut, die anderen sind gescheitert, leben am Minimum von einem Tag zum Naechsten, der endgueltige Absturz nur eine Frage der Zeit. Eines haben jedoch alle gemeinsam, den Alkoholismus. In all meiner Zeit dort habe ich nur wenige kennen gelernt zu denen ich aufschaute, die ich respektierte und hoffte etwas lernen zu koennen. Rene vom Calypso Diving, Thomas und Helmut vom Paradise Garden, aber auch Victor vom Victory Diving waren die jenigen denen ich zuhoerte und es mir auch zu Herzen nahm wenn sie etwas sagten.

Sicherlich, fuer die Touristen, wie auch ich einer war, ist Boracay ein Paradies und man beneidet diejenigen die es geschafft haben. Wenn man dort aber lebt blickt man sehr schnell hinter die Kulissen, einem Sumpf aus Drogen, Prostituion, Korruption, Alkoholismus, viel leicht verdientem und sehr schnell verschwendetem Geld. Das Image vom fetten, alten Deutschen, der in der Heimat sowieso keine mehr  abkriegt und nun  weinende, bettelarme Bueglerinnen aus der Provinz zum Beischlaf fuer etwas Kleingeld und Brot zwingt, ist nur ein Image. In der Realitaet sieht man sehr schnell wie junge Frauen und deren Maenner das schnelle Geld mit Touristen wittern, Tag und Nacht in der Disco die Party geniessen und das das Geld genauso schnell in Alkohol, Gluecksspiel und Drogen wie Shabu umsetzten wie es verdient wurde. Bei den resultierenden Kindern kommt meist nur ein Bruchteil an und die Party dauert meist auch nur so lange bis der Koerper an all dem Gift zerbricht, von dem einst huebschen Maedchen nur noch ein Zombie uebrig ist.

Ich unterschaetzte mein neues Leben mit meiner ueblichen Naivitaet voellig. Es war ein Fehler zu glauben ich koennte meine Familie einfach vergessen. Alles auf dieser Insel, wo ich mit meiner Familie die schoenste Zeit unseres Lebens verbrachte, erinnerte mich nur an meine Tochter die ich verloren hatte. Ich fluechtete mich in staendig wechselnde Freundinnen, von denen es mir sowieso keine Recht machen konnte, ich meist schon nach wenigen Tagen genug hatte. Ich trank viel zu viel, lies die Arbeit schleifen, es war nur eine Frage der Zeit bis ich enden wuerde wie viele andere der dort gestrandeten Existenzen. “Wenn du dich nicht aenderst bist du in einem Jahr am Ende”, wusch mir Viktor eines Tages den Kopf. Wir ahnten damals wohl beide nicht wie sehr Recht er behalten wuerde denn ein Jahr spaeter schon sollte ich verhaftet werden.

Eine neue Frau fuers Leben zu finden ist gar nicht so einfach, speziell auf einer Insel wie Boracay. Prostituierte an jeder Ecke und als es die Runde machte das ich Single bin und dort lebe, versuchte jede von ihnen ihr Glueck. Dies ging sogar so weit das deren Freundinnen und Schwestern auf die Insel kamen, ein serioeses Meadchen mimten, um mich als Freund und somit als “Bread winner” fuer die Familie an Land zu ziehen. Ich hatte jedoch kein wirkliches Interesse an einer neue Beziehung, wusste selbst nicht was ich wollte, zog abendlich von Bar zu Bar und hing nur meiner verlorenen Familie nach.

In all dieser Zeit gab es jedoch ein Maedchen das mich immer wieder irgendwo auflas und nach Hause brachte, das einfach nicht aufgab obwohl ich wirklich nicht charmant zu ihr war. Meine zukuenftige Lebensgefaehrtin Marina die auch heute noch, fuenf Jahre spaeter an meiner Seite ist und zu mir haelt.

Sie versuchte, wie viele andere auch, in der Prostitution auf Boracay ihr Glueck zu machen. Auch sie hatte auch kein schoenes Leben hinter sich, der Mann ein drogensuechgtiger Trikefahrer der sie regelmaessig verpruegelt und betruegt, kein Geld, keine Zukunft und eine 12 jaehrige Tochter. In der ersten Zeit pendelte Sie zwischen Freiern und ihrem Mann hin und her um das Geld abzuliefern, tauchte dann wieder an meiner Seite auf, wann immer Sie konnte. Schon bald war Sie fast taeglich da, schlief immer oefter in meinem Haus. Jedoch brauchte Sie immer wieder mal einen Kunden wenn ihr Freund Geld forderte und all die braven Familienvaeter in Urlaub, aber auch Angestellte des Hotels, boten immer wieder ihre “Hilfe” an. Mir war es egal, ich wollte keine Beziehung mit ihr und so lange sie mir nicht auf die Nerven fiel tollerierte ich ihre Naehe die mich oft zu erdruecken schien.

Immerwieder warf ich sie raus, immer wieder traf ich mich mit anderen Maedchen, nur um einige Tage spaeter wieder froh zu sein, das sie wieder bei mir auftauchte und fuer mich da war. Irgendwie schaffte Sie es mich immer wieder auf zu bauen, gab mir mehr und mehr Kraft und Zuversicht. Schon bald hingen wir staendig zusammen, sie zog bei mir ein und Maxi gab ihr einen Job in der Hotelkueche. Als ich sie dort sah, stolz wie eine Prinzessin die Teller spuelend, wurde mir klar das sie die jenige war bei der ich bleiben wollte, in die ich mich verliebt hatte und mit der ich neu anfangen wollte. Auch ihre Tochter Rona, im selben Alter wie meine Laura, kam so oft es ging zu Besuch und wir lebten mehr und mehr wie eine Familie, hatten eine herrliche Zeit und sogar beruflich ging es wieder vorwaerts.

Die meisten dachten ich waere wieder in Deutschland da ich 4 Monate nicht gesehen wurde, wir die meiste Zeit zu Hause und am Strand verbrachten, unsere Zukunft planten. Wir  waren ein glueckliches Paar bis am 7.Maerz 2008 unser Albtraum wahr wurde, ich wegen eines Mordes den ich nicht begangen habe verhaftet wurde, fuer den ich noch immer im Gefaengnis bin und zusammen mit Marina auf das Ergebnis der Berufungsverhandlung warte...

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